Freitag, 28. November 2003

Protokoll Kempen (Statiker zu den Rissen)

Kempen Ingenieurgesellschaft
Beratende Ingenieure VBI/BDB
Ritterstraße 20, 52072 Aachen
Tel. 0241/889900 Fax 88990990

28.11.03

99462 Gr/Gr

P R O T O K O L L

Passivhäuser Teichstr. Aachen

Eigentümerversammlung am 27.11.03

Teilnehmer: siehe beiliegende Teilnehmerliste

Veranlassung des gemeinsamen Termins war die Besprechung der vorhandenen Mängel sowie die Vorstellung von geeigneten Sanierungsmaßnahmen.

· Die Ursachen der Schwind- und Kriechrisse wurden durch Herrn Kempen sen. erläutert:

  • Schwindrisse entstehen in Bereichen des Materialwechsel infolge der Trocknung der Materialien (z. B. im Übergang Holz an Putz bzw. Gipskarton an Stahlbeton). Sie sind statisch ohne Belang.
  • Kriechrisse entstehen durch die Durchbiegung der Stahlbetondecken unter Dauerlast. Die Verkehrslasten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Kriechverformungen sind eine Funktion der Zeit, d. h. die Verformungen sind im ersten Jahr nach dem Bau am größten und nach ca. drei Jahren soweit abgeklungen, dass nur noch minimale Verformungszuwächse zu erwarten sind. Die Kriechverformungen sind, neben der Dauerlast, abhängig von der Dicke bzw. Steifigkeiten des Bauteiles. Der Bewehrungsgrad ist in diesem Zusammenhang nur von sehr geringer Bedeutung.
  • Relevant ist der ungünstige Einfluss der Witterungsbedingungen während der Bauzeit (feuchter Winter) und des darauffolgenden sehr warmen und trockenen Sommers.
  • Die Standsicherheit der Gebäude ist auch nach dem aufgetretenen Rissbild zu 100 % gesichert. Die Risse sind für die Tragsicherheit der Gesamtgebäude sowie der Einzelbauteile ohne Belang.
  • Die Häuser können zum jetzigen Zeitpunkt noch in Bewegung sein. Diese Bewegungen werden ca. drei Jahre nach dem Bau soweit abgeklungen sein, dass die erforderlichen Sanierungen ausgeführt werden können. Um diesen Zeitpunkt genau festzustellen wird ab Januar 2004 in einem Rhythmus von ca. 4 – 6 Wochen eine Begutachtung und Dokumentation der Risse stattfinden. Die Sanierung der Risse wird bis zum 01.12.2004 erfolgen.
  • Das zulässige Gewicht der leichten Trennwände beträgt 150 kg/m2. Dies erlaubt eine Wanddicke von 7,0 cm bei einer Ausführung in KS-Mauerwerk. Das Gewicht der Wände wird entsprechend den maßgebenden DIN-Anforderungen in der statischen Berechnung der Decken durch einen Zuschlag von 125 kg/m2 zu der Verkehrslast für eine Wohnraumnutzung von 150 kg/m2 betrachtet. Dies ergibt eine Gesamtverkehrslast von 125 kg/m2 + 150 kg/m2 = 275 kg/m2.
  • Bei Haus Nr. 41 wurde auf Wunsch des Käufers die Trennwand zwischen den Kinderzimmern im 1. OG mit einer Dicke von 11,5 cm ausgeführt. Der statische Nachweis der Decken wurde dadurch erbracht, dass die Decke über dem EG mit einer Verkehrslast von 150 kg/m2 und einer Linienlast mit dem Gewicht der Wand berechnet wurde. Dieser Nachweis ergab im Vergleich zu der ursprünglichen Statik keine ungünstigeren Ergebnisse.
  • Zum Zeitpunkt der Aufstellung der statischen Berechnung war der Einbau von leichten Trennwänden aus Gipskarton geplant. Diese haben ein geringeres Eigengewicht als Mauerwerkswände und sind bei entsprechender Detailausbildung besser in der Lage, Bewegungen bzw. Deckendurchbiegungen aufzunehmen. Da Häuser mit Trennwänden aus Gipskarton schwerer verkäuflich sind, wurde seitens der GeWoGe der Einbau von Mauerwerkswänden gewünscht. Hier erfolgte keine ausreichende Abstimmung zwischen den Planern. Gemauerte Wände aus großformatigen Plansteinen sind bei Verformungen anfälliger hinsichtlich der Rissbildung als GK-Wände.
  • Das Aufstellen von schweren Möbelstücken (z. B. Klavier oder Aquarium) ist in dem Ansatz von 125 kg/m2 eingeschlossen. Dies kann ohne Bedenken geschehen.
  • Der Wasserbehälter im DG mit einem Gewicht von ca. 400 kg wurde in der statischen Berechnung folgendermaßen beachtet: Die angesetzte Verkehrslast von 275 kg/m2 wird auf die Gesamtfläche der Räume verteilt. Im Bereich seitlich des Wasserbehälters wirkt eine geringere Verkehrslast, so dass die auf die Grundfläche des Behälters verteilten 400 kg die angesetzten Lasten nicht überschreiten.
  • Die zulässige Durchbiegung einer Decke beträgt l/300 (l = Spannweite der Decke). Dies ergibt im vorliegenden Fall bei einer Spannweite von ca. 6,0 m eine zulässige Durchbiegung von ca. 2,0 cm.
  • Da eine Optimierung der Baukosten von großer Bedeutung war, wurde die Konstruktion im Rahmen der Bestimmungen ausgeführt (z. B. geringe Deckendicke).
  • Die Umsetzung der statischen Berechnung wurde während der Bauzeit beachtet, unter anderem durch protokollierte Abnahmen der Bewehrung in den Decken.
  • Der Erdbebennachweis wurde in der statischen Berechnung erbracht.
  • Die starken Rissbildungen sind eine Verkettung verschiedenster ungünstiger Umstände, die die Durchbiegung der Decken, das Schwinden der Materialien wie auch Ausführungsmängel umfassen. Es ist normalerweise bei der Ausführung von solchen Gebäuden nicht mit der Bildung von Mängeln zu rechen. Die Fachplaner haben derartige Risse nicht erwartet.

- Die statische Berechnung liegt bei der Kempen Ingenieurgesellschaft zur Ansicht nach Absprache aus und darf kopiert werden.

· Durch Herrn Meyknecht, Hahn Helten Architekten, wurden die Fassadenabrisse erläutert:

  • Die Holzkonstruktion der Fassade besitzt ihren Festpunkt am Fußpunkt und verkürzt sich mit zunehmendem Maß nach oben infolge des Schwindens des Holzes.
  • Eine Bewegungsfuge im Anschluss der Fassadeninnenseite an die Betondecken war geplant, ist jedoch nicht ausgeführt worden. Dies ist als Ausführungsfehler zu betrachten.

· Die Anschlussdetails der einzelnen Räume wurden von Herrn Meyknecht getrennt vorgestellt und Sanierungsvorschläge wurden zu den Punkten erläutert (s. beiliegende Detailzeichnungen):

  • Anschluss Decke/Außenwand der Kinderzimmer im 1. OG: Die Deckenunterseite wurde gespachtelt. Diese ursprünglich nicht geplante Spachtelung wurde erforderlich, da die Filigrandeckenuntersicht nicht die geforderte Qualität aufwies. Da es für Spachtelputze keine Abschlussprofile gibt, wurde bis an die Gipskartonplatte der Außenwand gespachtelt. Die dampfdichte Folie wurde fälschlicherweise nicht vor der Stirnseite der Betondecke sondern entlang der Fase unter der Decke befestigt. An dieser Folie hat der Putz keinen Halt, sondern hält sich an der Gipskartonplatte der Außenwand. Infolge der Bewegung dieser Platte reißt die Spachtelung entlang der Betonfase ab.
  • Anschluss Decke/Kopfpunkt der Fenster der Kinderzimmer im 1. OG: Das Schadensbild entspricht dem oben beschriebenen. Der Anschluss der Fassade an die Betondecke erfolgte als horizontale Halterung. Der vertikale Lastabtrag der Fassade erfolgt an deren Fußpunkt.
  • Anschluss Decke/Fußpunkt der Fenster der Kinderzimmer im 1. OG: Schadensbild s. oben.
  • Anschluss Außenwand/Trennwand im 1. OG: Im Anschlusspunkt der Wände wurde eine Acrylfuge ausgeführt. Hinter dieser ist eine Trennung des Putzes der Außenwand von der Innenwand erforderlich, welche nicht bzw. nur unzureichend ausgeführt wurde.
  • Anschluss Außenwand/Fenster Badezimmer bzw. Küche: Schadensbild s. oben
  • Sanierungsvorschlag für die Kinderzimmer und das Schlafzimmer im 1. OG:

Als Sanierung wurde eine vor die Außenwand innen vorgesetzte Gipskartonplatte (d = 33 mm) vorgeschlagen, die die Risse verdeckt. Diese hat oben zur Decke und

an den Seiten zu den Trennwänden eine Schattenfuge. In Bereichen, in denen die Risse weiter als 3 cm von der Außenwand entfernt verlaufen, muss die Spachtelung von der Decke gelöst und mit einem definierten geraden Ansatz erneuert werden. Oberhalb der Fenster wird ein horizontales Leibungsbrett angebracht. Dieses wird nur an der Fassade befestigt und kann so horizontale und vertikale Bewegungen mitmachen. Die Fensterbänke werden verlängert bzw. ausgetauscht.

  • Sanierungsvorschlag für das Badezimmer und die Küche:

Eine Leiste, b = ca. 8,0 cm, wird im Übergang zwischen der Außenwand und der Decke sowie der Außenwand und den Trennwänden über die gesamte Länge angebracht. Diese überdeckt die Risse.

  • Vor der Aufdopplung durch Abdeckleisten werden die Risse gesäubert und die Luftdichtigkeit überprüft und ggf. wiederhergestellt.
  • Die Eigentümer lassen sich nicht auf die vor genannten Sanierungsvorschläge mit vorgesetzten Gipskartonplatten bzw. Leisten ein. Das vorhandene geringe Volumen der Zimmer würde zusätzlich verkleinert.
  • Als mögliche Alternative wurde überlegt, die Decken im Übergangsbereich zur Außenwand auf einer Länge von ca. 0,5 bis 1,0 m neu zu spachteln. Die Spachtelung müsste leicht schräg angezogen werden. Da kein Putzabschlussprofil für dünne Spachtelschichten auf dem Markt erhältlich ist wurde angedacht, ggf. ein solches Profil eigens anfertigen zu lassen. Dieser Vorschlag muss technisch überprüft werden.
  • Der vertikale Anschluss der Wände könnte alternativ ebenfalls durch eine Neuspachtelung saniert werden. Hierfür muss die vorhandene Gipskartonplatte vor der Außenwand im Eckbereich auf eine Breite von ca. 10,0 cm entfernt werden. Dies birgt die große Gefahr der Zerstörung der dahinterliegenden Folie, da die Gipskartonplatten nicht geschraubt, sondern in sehr engem Abstand getackert wurden.
  • Bei einer Ausführung der beschriebenen alternativen Sanierungsmöglichkeiten müssen die Häuser vor Beendigung der Sanierung einem Blower Door Test unterzogen werden.
  • Die einzelnen Gebäude sind durchgehend getrennt voneinander. Die Trennung der Fassadenkonstruktion erfolgt in der Achse der Gebäudetrennfuge. Der Außenputz wurde auf einer Kragplatte befestigt und im Leibungsbereich der Fenster getrennt.
  • Die Risse in den Innenwänden werden leicht aufgeweitet, verkeilt und kraftschlüssig geschlossen. Bei Gipskartonwänden mit losen Platten werden diese zusätzlich befestigt bzw. bei einer nicht ausreichenden Unterkonstruktion wird diese ergänzt.
  • Der Riss zwischen den Giebelwänden und dem Dach ist auf das Schwinden der Materialien zurückzuführen. Die in diesem Bereich hinter der Konstruktion liegende dampfdichte Folie wurde auch hier mit einer Dehnungsschlaufe ausgeführt und ist durch ein zusätzliches Brett bzw. den Wandputz geschützt.
  • Der unplanmäßige lastübertragende Anschluss der Treppe bzw. des Handlaufs an die Decke soll getrennt werden.
  • Die Ausführung eines Kellenschnittes zwischen dem Stahlwinkel und dem Deckenputz ist am Treppenauge aufgrund des Geländers nicht möglich. Eine umlaufende Blende soll die Überdeckung der Risszone gewährleisten.

· Die Hahn-Helten-Architekten stellten den geplanten Terminplan für die Durchführung der Sanierungsarbeiten vor:

  • Pro Haus wird mit etwa einer Woche Bauzeit gerechnet, wenn das gesamte Haus zur Verfügung steht und ohne Beminderung dazugearbeitet werden kann. In dieser Planung ist das Oberflächenfinish der Wände nicht enthalten, wohl aber das Tapezieren und der Grundanstrich. Es wird ein Haus als Prototyp saniert, um den Zeitablauf der technischen Ausführung zu testen.
  • Im Anschluss sollen zwei Bautrupps gleichzeitig vor Ort sein, so dass je Woche zwei Häuser saniert werden können. Die Gesamtmaßnahme wäre dann nach einem Monat abgeschlossen. Als Beginn der Baumaßnahme ist das Ende der Sommerferien 2004 geplant. Die Architekten gehen von einer externen Unterbringung der Bewohner aus.
  • Dieser Zeitplan wird von den Eigentümern angezweifelt. Es wird von ihnen von einer Sanierungsdauer von 2 – 3 Tagen je Zimmer ausgegangen.

  • Seitens der GeWoGe wird der Vorschlag einer zimmerweisen Sanierung gemacht, bei der die Eigentümer im Haus wohnen bleiben können. Dies wird von den Eigentümern abgelehnt.
  • Eine Sanierung sei je Haus nur als Gesamtmaßnahme zu akzeptieren, bei der die Bewohner ausquartiert werden. Eine Sanierung in der Urlaubszeit der Eigentümer wird ebenfalls nicht akzeptiert, da die Eigentümer die Bauarbeiten überwachen möchten.
  • Da sich in jedem Haus individuell unterschiedliche Problemstellungen bei der Sanierung ergeben, sollen die Maßnahmen mit jedem Eigentümer separat geplant werden. Auch wird es für jedes Haus einen eigenen Maßnahmenkatalog geben.
  • Als weiteres Vorgehen ist die Ausarbeitung von Alternativvorschlägen der Sanierung geplant. Vor Weihnachten 2003 wird es ein weiteres gemeinsames Gespräch geben, in dem die möglichen Lösungsvorschläge erneut besprochen werden sollen (voraussichtlich 51 KW).

Aufgestellt:

Aachen, den 28.11.03

Anlage: Anwesenheitsliste

D/Eigentümer (per mail)

Herr Kraus, GeWoGe, Fax. 0241-47704110

Herr Helten, Hahn-Helten-Architekten, Fax. 0241-90039999

Sonntag, 2. November 2003